7. Dezember 2004 / ez

20 Jahre BKB - Oberbayern feiert mit Jubiläumslehrgang

Zuerst ein paar Worte zu meiner Person, denn nur die allerwenigsten werden mich kennen. Ich heiße Elena Zapasnaia bin 20 Jahre alt und bin die neue Medienreferentin für den Bezirk Oberbayern. Ich habe im Mai diesen Jahres mein Abi gemacht und werde ab November Politikwissenschaften in München studieren. Ich habe 1996 mit Wado-Ryu begonnen und trainiere jetzt Shito-Ryu.

Es ist Samstag der 9. Oktober 2004. Heute findet der Jubiläumslehrgang "20 Jahre Bezirk Oberbayern" statt. Der Bezirk Oberbayern ist sowohl der mitgliederstärkste als auch der aktivste Verein Bayerns.

Auf dem Weg nach Eching, wo ja der Lehrgang stattgefunden hat, hatte ich ein leichtes Gefühl der Verunsicherung. Schließlich bin ich jetzt die neue Medienreferentin und das ist die erste Veranstaltung von der ich berichten soll. Dieser Samstag war ziemlich verregnet und unangenehm kühl. Werden bei so einem Wetter viele Teilnehmer kommen? Wenn ja, schaff ich es den Überblick zu behalten? Werden mehr Erwachsene als Kinder und Jugendliche da sein? Ist dieser Lehrgang auch für die Unterstufe interessant? Solche oder ähnliche Fragen haben mich auf dem Weg zum Lehrgang beschäftigt. Na ja schließlich kam ich zu dem Ergebnis, dass ich das alles ganz relaxt sehen werde und versuchen werde das Beste daraus zu machen.
In Eching angekommen war ich sehr positiv überrascht, dass doch schon einige Teilnehmer vor Ort waren. Erwachsene, sowie Kinder und Jugendliche. Ein sehr großes Kompliment an dieser Stelle an alle, die es geschafft haben, am Wochenende so früh aufzustehen und um an diesem Jubiläumslehrgang teilzunehmen. Um 9 Uhr fing der Lehrgang offiziell an. So wurde die Zeit bis 9 Uhr sinnvoll genutzt und die Formalitäten erledigt: die Karatepässe abgegeben, die Lehrgangsgebühren bezahlt und natürlich alten Bekannten zur Begrüßung ganz viele Hände geschüttelt. Die Aufteilung in Ober-und Unterstufe war ganz einfach, nach rechts ging`s zur Unterstufe (Gelb-bis Violett/Blaugurt) und nach links zur Oberstufe (ab Blau-bis Schwarzgurt). Sehr rasch hat sich Mann und Frau umgezogen und sich in die jeweilige Halle begeben. Schließlich standen alle in einer Reihe, und bei der Oberstufe waren es, um genau zu sein, 2 Reihen und warteten gespannt auf den "Startschuss".
Nein, geschossen wurde nicht, stattdessen gab es eine ordentliche Begrüßung ein paar einleitende und motivierende Sätze von Fritz Oblinger an die Teilnehmer. Schön war es zu sehen, dass in der Unterstufe viele Kinder anwesend waren, die mit großen Augen und voller Spannung den weiteren Verlauf abwarteten. Bemerkenswert war auch die Disziplin, die die Kleinen zeigten, kein "Rumhampeln", kein "Rumblödeln" statt dessen ein tadelloses Benehmen. Still in der Reihe stehen und aufmerksam den Anweisungen des Senseis folgen, so wie sich das viele Trainer in ihrem Dojo wünschen würden. Nach der Begrüßung ging man in beiden Gruppen zum Aufwärmtraining über, bevor es dann richtig zur Sache ging.

Die Unterstufe fing ganz langsam mit den Grundtechniken an. Fritz Oblinger beobachtete die Gruppe mit Argusaugen und wies die Teilnehmer sogleich auf ihre Fehler hin. Ganz typische Anfängerfehler, z. B. bei der Ausführung der Tsukis der fehlende Hüfteinsatz, oder das verfrühte Drehen der Faust erklärte er ganz ausführlich und betonte immer wieder, dass nur die richtig ausgeführten Techniken, auch im Notfall wirklich wirkungsvoll sind. Wenig später gingen die Teilnehmer paarweise zusammen und übten diese Technik in Form von Kiho-Kumite. Alle waren hochmotiviert und selbst die jüngeren Teilnehmer gaben sich offensichtlich die größte Mühe zu zeigen, dass sie es mit dem Training ernst meinten. Im Anschluß an diese Übung bat Fritz Oblinger einen Weißgurt zu sich und zeigte an diesem, wie man sich im Notfall richtig auf der Straße wehrt. Dem Weißgurt ist natürlich nichts passiert, dennoch waren viele sehr erleichtert und froh, dass nicht sie vorne standen. Um sich schnell und effektiv zu wehren müssen vor allem die Tsukis schnell, überraschend und präzise ausgeführt werden. So hat man als nächstes versucht die Geschwindigkeit und die Präzision der Tsukis zu steigern, indem diese nicht mehr aus dem Stand, sondern aus der Bewegung ausgeführt werden mußten. Am Ende der Stunde waren zwar manche schon ziemlich aus der Puste gekommen, aber dennoch von sich selbst überrascht wieviel Potential in ihnen steckt.


Eindrucksvolle Vorführungen von Fritz Oblinger.
Foto: privat

Parallel zur Unterstufe hat die Oberstufe nach dem Aufwärmtraining unter der Leitung von Savas Gönenler angefangen, in Form von Partnerübungen die richtige Beinarbeit im Kumite zu trainieren. Angefangen hat man mit Mawaschi-Geri und Ura-Mawaschi-Geri aus dem Stand, später wurden die gleichen Übungen aber diesmal aus der Bewegung heraus gemacht. Der Schwierigkeitsgrad stieg mit der Zeit, so dass die Teilnehmer am Ende so schnell und so überraschend wie möglich sowohl Mawaschi-Geri als auch Ura-Mawaschi-Geri hintereinander ausführen mußten. Außerdem demonstrierte Savas die richtige Bewegungsform im Kumite. Und diese schaut nicht so aus, dass man an den Gegner "herangeht" und ihn "angreift", in der Hoffnung dass dieser sich in die Hosen macht und zurückweicht , nein, hier geht es um eine präzise und schnelle Beinarbeit. Je schneller und koordinierter man sich bewegt, desto mehr hat der Gegner Schwierigkeiten einen zu treffen. So wurde in der noch verbleibenden Zeit die richtige Bewegungsform und die schnelle Beinarbeit intensiv geübt. Auch an dieser Stelle wurde der Hüfteinsatz bei der Bewegung nach vorne betont, und da glaubte ich bei einem oder anderen Schwarzgurt einen Ausdruck der Verunsicherung diesbezüglich zu erkennen. Äh, ja den Hüfteinsatz bloß nicht vergessen... Dabei kamen sowohl Jung als auch Alt nicht nur richtig in Bewegung sondern auch ordentlich ins Schwitzen.

Um kurz vor halb elf kam dann der Landestrainer in Kata Michael Schölz zur Oberstufe. Nach einer kurzen Verschnaufpause übernahm er mit ein paar Begrüßungsworten die Leitung der Gruppe. Schließlich begann er die Gruppe in die tiefen Geheimnisse der Kata einzuweihen. Und plötzlich wurde alles theoretischer. Michael erklärte die Elemente in den Katas, die diese so beeinflußen und sie so einzigartig machen. Auf jeden Fall ist bei der Ausführung der Kata besonders wichtig, sowohl ein Verständnis als auch ein Gefühl für die Techniken zu entwickeln, denn nur so verleiht man jeder Kata den für sie so einzigartigen Ausdruck. Viele waren jedoch überrascht, als sie hörten, dass viele Elemente aus der Natur sich in den Katas widerspiegeln, so z.B. das Element Wasser ( dieses Hineingleiten) in Heian-Sandan, oder das Element der Erde ( fest auf dem Boden stehen ) in Bassai Dai. Das Element Luft oder auch Wind ist überall zu finden, denn es symbolisiert die richtige Atmung, sowie die damit verbundene Körperbeherrschung. Ebenso wie diese Elemente beeinflußen auch die Tiere die Katas ungemein. So symbolisiert die Kata Nipaipo den typischen Kranich-Stil und die Bassai Dai wird dem Tiger-Stil zugeordnet, mit ihren sowohl schnellen und harten als auch stellenweise geschmeidigen Bewegungen. Jedoch zeigt ihre Ursprungsform Patsai deutliche Einflüsse des Kranich-Stil. Aber nicht nur auf die Katas haben die Elemente und Tiere einen sehr großen Einfluss, sondern auch auf ganze Kampfkunstrichtungen. So ist Karate mit dem Feuer vergleichbar, Aikido mit dem Wasser und Sumo mit der Erde. Alle 5 Elemente findet man in den Katas.


Michael Schölz demonstriert Elemente der Kata.
Foto: privat

Im Folgenden will ich aber nur speziell auf das Element Erde in der Bassai Dai des Shotokan eingehen. Diese Kata zeichnet sich durch besonders festen Stand und der somit starken Verbundenheit mit der Erde aus. Diese Erkenntnis versuchen jetzt die Teilnehmer in die "Tat" umzusetzen. Auf Anweisung von Michael Schölz versuchen die Teilnehmer bewußt bei jeder Bewegung den richtigen Kontakt mit dem Boden zu finden und ihre Kraft und Energie nach unten in den Boden zu leiten, um die richtige Standfestigkeit zu erreichen. Als nächstes müssen die Teilnehmer die Hände nach vorne strecken und auch hier darf die Kraft nicht nach vorne gerichtet werden, sondern muß nach unten geleitet werden. Dieser feste Stand ist keine Frage der Gewichtsverlagerung sondern das Ergebnis der Kommunikation mit der Umwelt. Hier kommt es darauf an, erklärt Michael Schölz weiter, dass man sich die Frage stellt, wie bekomme ich Kraft und wie gehe ich damit um? Vor allem aber, wie setze ich diese Kraft richtig ein, damit selbst eine leichte und weiche Bewegung in eine schnelle harte Technik umgewandelt werden kann. Damit diese theoretischen Fragen auch in der Praxis beantwortet werden können, wird eine Übung zur "Kraftfindung" gemacht. Dabei bewegt sich der eine Partner im Zenkutsu-Datchi mit Oi-Tsuki nach vorne und der andere probiert, ob diese auch stabil steht, ohne zu wackeln und ohne umzufallen. Und während sich die Oberstufe auf die Suche nach der Kraft begeben hat, habe ich noch schnell vor der Mittagspause bei der Unterstufe vorbeigeschaut.

Hier kam in der Zwischenzeit viel Bewegung rein, die korrekte Bewegungsform im Kumite wurde hier intensiv trainiert. Doch auch die einzelnen Bewegungen aus den Katas, wie z.B. Heian-Nidan und Heian-Yondan wurden keinesfalls vernachlässigt. So wurden in Form von Partnerübungen die verschiedenen Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten geübt. An dieser Stelle möchte ich auch die Wichtigkeit solcher Übungen nochmals betonen. Denn viele, vor allem die Kinder wissen bzw. können sich nicht vorstellen, was die einzelnen Bewegungen in der Kata bedeuten, oder wozu diese gut sein sollen. Dies führt wiederum dazu, dass die Kata nach dem "irgendwie-so-wird-das-schon- stimmen" Prinzip gemacht wird, und das ist, da wird mir wohl jeder zustimmen, nicht Sinn und Zweck des Trainings.

So, jetzt endlich kam die lang ersehnte Mittagspause. Von vielen wurde sie genutzt um neue Kontakte zu knüpfen, von vielen aber auch um alte Kontakte zu pflegen. Es haben sich auch viele Grüppchen gebildet, die das Gelernte und Geübte nochmals in einem Gespräch vertieften. Im Großen und Ganzen hatte der Lehrgang bis jetzt allen sehr gut gefallen, so dass alle noch genug Motivation und Power hatten um auch am Nachmittag noch fleißig mitzumachen.

Der Nachmittag gestaltete sich im Prinzip genau so wie der Vormittag auch. Die Gruppen wechselten zwischen dem Katatraining, das auch musikalisch begleitet wurde, und dem Kumitetraining ab. Man konnte jetzt vor allem im Kumite neue Sachen ausprobieren, das Gelernte nochmals vertiefen oder intensiv an den individuellen Schwächen arbeiten.

Nicht zu vergessen sind folgende Personen, die für ihre Funktionen im Bezirk der letzten 20 Jahren geehrt wurden:

Hey, Leute besten Dank und Anerkennung für Eure Dienste, super, dass Ihr mit gutem Beispiel vorangegangen seid !!!!!


Ehrungen anläßlich des 20-jährigen Bestehens des BKB.
Foto: privat

Nicht zu vergessen sind auch die, die leider nicht mehr unter uns weilen, da laßt uns an die denken, die diesen Lehrgang vielleicht aus einer anderen Perspektive verfolgt haben:

So, mit diesen Ehrungen, die um ca. 11 Uhr stattgefunden haben, möchte ich auch meinen Bericht abschließen. Ich hoffe es hat euch mehr oder weniger gefallen. Ich bitte über diese oder jene kleine Fehler hinwegzusehen und eure Meinung zu diesem Bericht abzugeben. Was war gut, was weniger gut? Was soll in Zukunft vermieden werden, was beibehalten?

Für Lob, Tadel und Kritik stehe ich euch jederzeit zur Verfügung, in diesem Sinne macht`s gut Leute und bis bald eure Elena

p.s. Herzliche Glückwunsch, an alle, die die Prüfung zum nächsthöheren Kyu-Grad bestanden haben, vielen Dank auch an die über 130 Teilnehmer, die diesen Jubiläumslehrgang durch ihr Interesse an Karate und ihre Teilnahme möglich gemacht haben, ebenso ein großes Vielen Dank an die Veranstalter, die diese Veranstaltung so gut und mit sichtbarem Erfolg organisiert haben.


Elena Zapasnaia

Ingo @verdunk
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