25. April 2009 / jd

"Anfängergeist" für Fortgeschrittene

150 begeisterte Teilnehmer beim Karate-Breitensporttag in Neuendettelsau

Neuendettelsau - Es regnete. Ununterbrochen war das Trommeln der Tropfen auf dem Dach der großen Dreifachturnhalle in Neuendettelsau zu hören. Eher trübe Aussichten für einen Lehrgang im traditionellen Karate-Do also - das hätte man jedenfalls erwarten können. Doch rund 150 Ausübende dieser Kampfkunst hatten sich wieder einmal ins mittelfränkische Karate-Mekka aufgemacht, um Wind und Wetter zum Trotz unter der Anleitung hochrangiger Meister ihren Geist zu schulen und ihre Techniken zu verfeinern.

Eingeladen hatte diesmal Fritz Oblinger (6. Dan), der Referent für Breitensport und traditionelles Karate-Do im BKB (Bayerischer Karatebund). Mit Albrecht Pflüger (7. Dan und vielfacher Buchautor) war außerdem einer der ganz großen Karatepioniere in Deutschland dabei. Vervollständigen sollte das Trio der Lehrer ursprünglich Toshio Koda (7. Dan und Begründer des GojuKai in Deutschland), doch musste er sich aus gesundheitlichen Gründen durch seinen Schüler Hermann Leski vertreten lassen, der diese Aufgabe souverän meisterte.

Eingeteilt in zwei Leistungsgruppen (9.-5. Kyu und 4. Kyu bis Dan) begannen die Trainingseinheiten nach kurzer Begrüßung und Einweisung durch Uwe Chszaniecki, den Leiter des gastgebenden Dojos Gomekan im TSC Neuendettelsau. Albrecht Pflüger hatte für seine Einheiten eine Reihe von klassischen Selbstverteidigungssituationen ausgewählt und erarbeitete Stück für Stück mögliche Reaktionsweisen. Dabei beeindruckte er nicht nur durch die routinierte Frische seiner langjährigen Erfahrung, sondern auch durch den sorgfältigen methodischen Aufbau der Sequenzen, für die er in mehrjähriger Arbeit auch eine DVD-Serie erstellt hat.


Albrecht Pflüger erarbeitete Stück für Stück mögliche Reaktionsweisen.
Foto: Jörg Dittmer

Bei Hermann Leski war schon die Aufwärmeinheit etwas Besonderes. Er zeigte dabei aus der Schule seines Meisters in München Übungen, die intensiv beatmet werden und den Energiehaushalt des Übenden (japanisch: Ki) aktivieren sollen. Schon bald nach den ersten Bewegungen konnten auch die in dieser Richtung weniger Erfahrenen spüren, wie in der Tat der Kreislauf in ganz unerwarteter Weise in Schwung kam und die Glieder trotz der kühlen Halle warm zu werden begannen. Auch die darauf gezeigten Abwehrsequenzen gegen diverse Angriffe waren dem Stil des GojuKai entsprechend von großer Leichtigkeit und Weichheit gekennzeichnet. Abschließend gab er noch einen interessanten Einblick in die erste Bewegungsfolge einer der ältesten chinesischen Katas, die in dieser Schule trainiert wird.


Hermann Leski machte Stilelemente des Goju-Kai - Leichtigkeit und Weichheit - deutlich.
Foto: Jörg Dittmer

Fritz Oblinger selbst gehört inzwischen schon zu den "Stammgästen" in Neuendettelsau, wenn man dieses Wort denn auch für einen lehrenden Meister verwenden darf. Er brachte die Unterstufe mit gut dosierten Übungen ganz schön ins Schwitzen und erarbeitete mit der Oberstufe die Kata Gangaku unter Durchspielung realistischer Angriffssituationen und dafür angemessener Abwehraktionen. In großer Klarheit und sehr freundlicher Atmosphäre konnte er zugleich deutlich machen, wie viele Stellungen und Techniken im japanischen Karate gegenüber den früheren Formen auf Okinawa und in China verloren gegangen sind. Abschließender Höhepunkt war die parallele Darstellung der Kata Meikyu im standardisierten Shotokan-Stil einerseits und unter Verwendung älterer Techniken aus den chinesischen Tierstilen andererseits.


Kata neu ....
Foto: Jörg Dittmer

... und Kata alt
Foto: Jörg Dittmer

Bei allen Unterschieden in der inhaltlichen Schwerpunktsetzung der drei Meister war jedoch nicht nur der überaus angenehme, freundschaftlich-persönliche Umgangston ein Merkmal, das alle drei miteinander verband. Im Mondo (Lehrgespräch) in der Mittagspause machten sie darüber hinaus ganz deutlich, wie wichtig der "Anfängergeist" im Karate-Do ist: Auch der ganz erfahrene Meister muss immer weiter auf dem Weg seiner eigenen Entwicklung an sich arbeiten, so als wäre jeder Schritt und jede Technik an jedem Tag wieder eine vollkommen neue Erfahrung. Bei diesem Prozess kommt es nicht nur zu einer körperlichen, sondern zugleich auch zu einer mentalen Entwicklung, ohne dass sich das eine vom anderen trennen ließe: Im Vorgang des Übens ist das eine mit dem anderen eins.

Abschließend bedankte sich Fritz Oblinger als Veranstalter für das große Engagement der Lehrenden und Lernenden und bei Uwe Chszaniecki und dem Team vom Dojo Gomekan als Ausrichtern für die wie immer professionelle Organisation und nicht zuletzt auch für die gute Verpflegung der Gäste. Neuendettelsau hat mit solchen Veranstaltungen inzwischen einen guten Ruf in der Karatewelt erworben, und es wird ganz sicher nicht die letzte Veranstaltung dieser Art gewesen sein.


Auch die jüngeren Karateka ...
Foto: Jörg Dittmer

... hatten viel Spass auf dem dem Lehrgang.
Foto: Jörg Dittmer

Als die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nach einem letzten Kaffee und mit gewärmtem Herzen abfuhren, hatte es aufgehört zu regnen und die ersten Strahlen der Sonne kamen wieder zwischen den dunklen Wolken durch. Hätte man diesen Regentag besser verbringen können?

Jörg Dittmer
Dojo Gomekan im TSC Neuendettelsau


Links in Karate-Online Links im Internet
Dojo Gomekan im TSC Neuendettelsau
Karate-Online ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten.

Zurück zum Seitenanfang


Bildergalerie

BKB-Breitensporttag 2009