26.September 2003 / ia

Dan-Sha-Kai 2003

Auf Einladung von Shotokan-Stilrichtungsreferent Roland Lowinger fanden sich am 14.September mehr als 100 Shotokan-Danträger zum diesjährigen Dan-Sha-Kai (jap. "Gesellschaft der Schwarzgurtträger") in Ingolstadt ein. Lehrgangsleiter Klaus "James" Sterba (6.Dan Shotokan) hatte diesmal das Thema "Kata - vom Schüler zum Meister" vorbereitet.

Um in das Thema einzustimmen, verglich James Kata mit dem Lesen. Am Anfang lernt der Schüler Buchstaben (Einzeltechniken), danach setzt er Buchstaben zu Worten und zu Sätzen zusammen (Technik-Kombinationen). Schließlich kann der Schüler ein Buch lesen, aber das bedeutet noch nicht, daß er das Buch auch versteht. Analog betreiben viele Karatekas Katas, ohne die Prizipien der Kata zu verstehen. Karatekas zeigen durch Bunkai Verständnis der Kata. Von Dan-Trägern ("Meister") wird erwartet, die verschiedenen Elemente des Bunkai zu beherrschen: Technik, Distanz, Brechen des Gleichgewichts, Hebel und Würfe. Zur Verdeutlichung wurden verschiedene Kombinationen aus der Heian Shodan und Nidan geübt, jeweils mit der Betonung auf entsprechenden Maßnahmen zu diesen Bunkai-Elementen.

In der zweiten Trainingseinheit behandelte James die wesentlichen Karate Kampfstrategien Sen-no-sen, Go-no-sen und Sabaki. So wurde Bassai-Dai als Beispiel für Sen-no-sen, Jion als Beispiel für Go-no-sen und Enpi als Beispiel für Sabaki behandelt. Aufgabe für die Teilnehmer war es, zusammen mit dem Partner einzelne Techniken der Katas entsprechend dieser Prinzipen anzuwenden. Hier wurde es deutlich, daß für die meisten Karateka das Prinzip Sen-no-sen ungewohnt ist. Da diese Strategie nur mit einer konsequenten Initiative des Verteidigers (!) Erfolg hat, konnten die Teilnehmer so direkt Ihren Leistungsstand in diesem Bereich überprüfen. Umso deutlicher wurde die Erfahrung in der nächsten Übung: Kampf gegen zwei Angreifer. Nur durch das konsequente Umsetzen des Sen-no-sen Prinzips hatte der Verteidiger überhaupt eine Chance, den Kampf zu bestehen. Mit dieser Übung verdeutlichte James, daß die Standard-Beschreibung von Kata - Kampf gegen mehrere imaginäre Gegner - wirklich nur Meistern vorbehalten ist.


Sente (Zuvorkommen). In den Kampfkünsten geht es beim "Sente" um die Frage, wie man einem gegnerischen Angriff so zuvorkommen könnte, daß ihm der Erfolg versagt bleibt.

Sen no sen (vor dem Vorher) bezeichnet die Fähigkeit der Verteidigung, durch einen eigenen Angriff einem bevorstehenden Angriff des Gegners zuvorzukommen. Somit wird dem Angreifer die Initiative genommen, und man kommt ihm dadurch in seinem Vorhaben zuvor.

Go no sen (nach dem Vorher) bezeichnet die Fähigkeit der Verteidigung, durch eine Abwehrbewegung dem Angriff zu entgehen, um aus dieser Situation die Initiative zum Gegenangriff einzuleiten.

Als zum Abschluß des Trainings die Katas ein letztes Mal geübt wurden, hatte mancher Karateka eine kleine Erleuchtung in seiner Kata-Ausführung.


Am Beispiel der Heian Shodan erläutert James Sterba die verschiedenen Elemente des Bunkai: Technik, Distanz, Brechen des Gleichgewichts, Hebel und Würfe.
Foto: Roland Lowinger



Im Anschluß an das Training veranstaltete Alfred Heubeck, Prüferreferent im BKB, einen Prüfer-Lehrgang. Themen waren in erster Linie die Behandlung der Änderungen in der Ausführung der Shotokan-Katas und deren Bedeutung für Trainer und Prüfer. Für Alfred Heubeck, mit über 40 Karatelebensjahren einer der Pioniere in Deutschland, sind neue wie schon frühere Änderungen nur Hilfen für das methodische Vorgehen beim Erlernen der Kata. Hierzu lieferte Alfred entsprechende Beispiele zu Ausholbewegungen und Schrittbewegungen.

Ein weiteres Thema waren die vielen Fragen zum Thema Stilrichtungsfreies Karate und dessen Prüfungsordnung. In seiner kommisarischen Funktion als BKB-Referent für Stilrichtungsfreies Karate stand Alfred Heubeck Rede und Antwort zu diesem neuen Thema.

Ingo Averdunk

Ingo @verdunk
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