14.Mai 2004 / mm

DM 2004 - Bayern schafft wieder den Anschluss an Deutsche Karatespitze

Geballte bayerische Frauenpower holen fünf von acht Medaillen

Neubrandenburg - "Wir sind zwar mitten im Umbruch, aber er zeigt bereits erste Früchte", so resümierte der neue Sportreferent Wolfgang Seidel, die diesjährigen Deutschen Meisterschaften der Senioren in Neubrandenburg. Mit einem ersten, zwei zweiten und fünf dritten Plätzen, erreichte Bayern einen hervorragenden vierten Platz in der Länderwertung und schaffte so den Anschluss an die führenden Länder Baden-Württemberg, Nordrhein- Westfalen und Thüringen. Besonders erfreulich auch für BKB Landesfrauenwartin Heidi Weitmann, dass von den 8 errungenen Edelmetallen, ganze 5 Siege von den bayerischen Frauen erkämpft wurden. Erstmals wurden auf nationaler Ebene die Fußschützer für die Kumiteathleten eingeführt. Als Behinderung beim Kämpfen würde es weniger stören, meinten einige Sportler, jedoch konnte man deutlich erkennen, dass die Hemmungen zum Angriff mit dem Halbkreis-Fußstoß Mawashi-Geri seither gesunken sind. Mehr als mit den neuen Fußschützern, hatten die Athleten mit den ausgelegten, neuwertigen Matten zu kämpfen, so dass eine Austragung in Kata und Kumite dadurch eher zur kleinen Rutschpartie wurde. Als neuer Inhaber des 5. DAN wurde Walter Sosniok (SV Hut Coburg) zu seiner bestandenen Prüfung am Finalabend gratuliert und bekam seine Urkunde aus den Händen von Shotokan Stilrichtungsreferenten Gunnar Weichert überreicht.

Kata

Überragender Athlet aus bayerischer Sicht war der frisch gebackene Europameister Jayson Schinköthe, der seinen erfahrenen Nationalkaderkollegen in den Vorrunden keine Chance ließ und auch das Finale gegen Benjamin Wolf aus Hessen deutlich mit 4:1 Richterstimmen für sich entschied. Der Lohn für diese 2. Bravourleistung in kürzester Zeit ist die Nominierung durch Bundestrainer E. Karamitsos zu den diesjährigen Senioren Europameisterschaften im Mai in Moskau.


Der frische gebackene Europameister Jayson Schinköthe siegt auch bei den Deutschen Seniorenmeisterschaften 2004 mit der Kata Gangaku.
Foto: Melanie Müller

Bei den Damen startete unsere erfahrene Astrid Simmel, die ihren Gegnerinnen keine Chance ließ und im Poolfinale auf Julia Michel aus Erfurt traf. Julia kannte die präzisen Darbietungen von Astrid und so setzte sie gegen die Gojoshiosho von Astrid die hohe Kata Unsu ein. Die Kampfrichter entschieden sich für Julia und da diese sich gegen Marie Niino nicht weiter durchsetzen konnte, war der Weg für Astrid in die Trostrunde versperrt. Anders lief es bei Tamara Frammelsberger aus Straubing. Sie scheiterte gleich zu Beginn gegen die spätere Siegerin Marié Niino, konnte sich somit aber in der Trostrunde weiter vorarbeiten. Zwei Begegnungen verbuchte Tamara für sich und musste aber im kleinen Finale den dritten Platz an Julia Michel abgeben. Somit erreichte Sie Platz fünf in der Medaillenwertung.

Ebenfalls überzeugen konnte das Kata Damenteam aus Straubing mit Isabel Käser, Tamara Frammelsberger und Susanne Mydlo, das sich erst im Finale den Favoriten aus Erfurt beugen mussten. Es ist immer noch sehr fraglich, was als Bewertungskriterium beim Bunkai im Vordergrund steht. Die Katas beider Teams waren in der Dynamik gleich auf, jedoch die Anwendung der Erfurter spektakulärer, als das grundschulmäßigere Bunkai von Straubing.


Das Kata Damenteam aus Straubing (links) mit Isabel Käser, Tamara Frammelsberger und Susanne Mydlo wird Deutscher Vizemeister. Das Team des Karate Zentrum Regensburg (rechts) mit Astrid Simmel, Ilona Burger-Obermeier und Evi Schmidbauer erzielt den Dritten Platz.
Foto: Melanie Müller

Doppelt erfreulich in dieser Disziplin ist der verdiente dritte Platz des Damenteams mit Astrid Simmel, Ilona Burger-Obermeier und Evi Schmidbauer vom Karate Zentrum Regensburg. Sie scheiterten gleich in der ersten Begegnung gegen die späteren Sieger aus Erfurt, konnten aber in der Trostrunde mit einer begeisterten Anwendung die Kampfrichter einstimmig überzeugen.

Kumite

Einen super Tag erwischte in der Damen Kumite Disziplin die erfahrene Top-Kämpferin Ebru Tüfenk vom DJK SC Neuses. Im Poolfinale traf sie auf Weltmeisterin Alexandra Kurz (früher Witteborn) vom Banzai Berlin, die Ebru sensationell mit 3:1 besiegte und das abendliche Finale erreichte, wo sie auf Bea Garbitowski vom Bunkai Haren traf. Trotz großem Kampf, musste sie sich ihrer Gegnerin geschlagen geben brachte aber Bayern mit ihrer Silbermedaille der Länderwertung einen großen Schub weiter nach vorne.


Die erfahrene Top-Kämpferin Ebru Tüfenk vom DJK SC Neuses konnte gegen die Weltmeisterin Alexandra Kurz durchsetzen und musste sich erst im Finale gegen Bea Garbitowski geschlagen geben.
Foto: Melanie Müller

Wie stark unsere Kumite Damen derzeit sind, bewiesen Mladenka Urban und Lefterye Müneyyirci. In der Allkategorie wurden 42 Starterinnen gemeldet, so brauchte unsere Lenka vom TSV Ingolstadt-Nord bei dieser Masse viel Durchhaltevermögen. Sie schaffte Sieg um Sieg und landete im Poolfinale gegen die spätere Siegerin Alexandra Kurz. Nach einem spannenden und ausgewogenen Kampf stand es zum Ende der Zeit jedoch 5:3 für ihre Gegnerin. In der Trostrunde traf sie später im Kampf um Platz drei auf ihre bayerische Teamkollegin Ines Brutscher (Shogun Memmingen). Hier wendete sich das Blatt und Lenka konnte sich, zum Negativen für Ines, mit 5:3 auf ihren dritten Platz freuen. Ines Brutscher rutschte so auf einen dennoch für sie befriedigenden fünften Platz.


Ines Brutscher vom Shogun Memmingen mit Mawashi Geri.
Foto: Melanie Müller

Leichtgewicht Lefterye Müneyyirci vom KD Füssen startete -53kg und legte unbändigen Siegeswillen an dem Tag. Auch im Poolfinale war bis zum Ende der Kampfzeit alles offen, allerdings musste sie das Finale mit 1:0 an Ulrike Fleischmann aus Baden-Württemberg abgeben. Ihre Bronzemedaille lies sie sich jedoch von Madleen Mollinger nicht mehr nehmen.

Auch bei den Männern ist Bayern wieder stark im kommen. Die aktuellen Bundeskaderathleten Florian Hien und Thomas Dannheimer konnten sich abermals unter der starken Konkurrenz behaupten.

Florian Hien vom KD Straubing wiederholte seine Erfolgsleistung vom Vorjahr mit einem dritten Platz -80kg und einem fünften Platz in der Allkategorie. In seiner Gewichtsklasse überzeugte der spritzige Florian durch eindeutige Siege, wie der vorzeitige Gewinn mit 8:0 in der ersten und zweiten Begegnung, zeigte. Als "harter Broken" erwies sich der Kampf um den Poolsieg gegen Tim Milner, die er mit 8:0 hinnehmen musste. In der Trostrunde konnte man Florian jedoch wieder mit seinen schnellen Zukis bestaunen die ihm, mit einem 5:0 Sieg gegen Umut Peker, wie im Vorjahr die Bronzemedaille bescherte.

In der Allkategorie hatte er es ebenfalls nicht leicht. Bei 56 gemeldeten Teilnehmern, schieden zwar im Laufe der Einzeldisziplinen einige Athleten aus, jedoch blieb das hohe Niveau erhalten. Von vier Pools dominierte Florian seinen stark besetzten Pool nach vier Begegnungen bis zum Schluss. Erst dann traf er auf den anderen Poolsieger und Köksal Cakir. Trotz seines lockeren Kampfstiles kam er bei Köksal mit 6:3 nicht durch. Im Kampf um Platz 3 wurde er dann auch noch vom Ravensburger Fehmi Mahalla so unglücklich gefegt, das sein Knie verdrehte wurde und er auf Grund dieser Verletzung seinen Kampf vorzeitig beenden musste. Dennoch blieb ihm mit Platz fünf eine nochmalige gute Platzierung.

Thomas Dannheimer vom KD Durach-Weidach startete in der Leichtgewichtsklasse -60kg und zeigte bis zum Poolfinale Kampfkarate der Spitzenklasse. Hier traf er auf den erfahrenen Nationalkaderathleten Ibo Günes. Durch punktgenaue Techniken schaffte Thomas immer wieder den Ausgleich dieser Begegnung, so dass es am Schluss mit 8:8 unentschieden in die Verlängerung ging. Nach vorsichtigen herantasten ergriff Thomas seine Chance und wollte mit Zuki Chodan punkten. Leider nach Meinung der Kampfrichter etwas zu stark und nachdem Thomas bereits eine Verwarnung wegen Kontaktes hatte, ging der entscheidende Punkt an seinen Konkurrenten. Jedoch konnte er in der Trostrunde mit seinen gewohnten blitzschnellen Gyakuzukis eine Bronzemedaille erringen.


Thomas Dannheimer vom KD Durach-Weidach gewinnt mit seinen gewohnten blitzschnellen Gyakuzukis die Bronzemedaille.
Foto: Melanie Müller

Bei den immer spannenden Kumite Mannschaftsbegegnungen brodelte die Halle. Hier legten die Damen "Frauenpower" vom Feinsten an den Tag. Das Team von Shogun Memmingen mit Ines Brutscher, Silvia Sperner und Mareike Oro-ma konnte erst im Poolfinale von Jiyu Neumünster 2 gestoppt werden. Hier gewann Ines den ersten Kampf. Silvia musste teilweise etwas strittige Sanbons durch Ura-Mawashi-Geri hinnehmen und verlor vorzeitig in der 50 Sekunde mit 9:1. Nun hatte Mareike eine schwere Last zu tragen. Dieser Kampf ging mit einigen strittigen und fehlerhaften Urteilen von Seiten der Kampfrichter negativ für das Memminger Team aus, so dass Trainer Senol bei Bundeskampfrichterreferent James Sterba Beschwerde einlegte. Nach einigen Diskussionspunkten wurde der letzte Kampf wiederholt. Mareike schaffte nun zwar ein Unentschieden, jedoch musste sich das Team mit der Unterbewertung bei einem Unterschied vom 15 zu 10 Punkten geschlagen geben. Im Kampf um den dritten Platz verlor anfangs Mareike gegen Topathletin Alexandra Kurz mit 8:1 und Ines Brutscher musste sich ebenfalls nach einem heftigen Schlagabtausch in den letzten 5 Sekunden mit 5:3 geschlagen geben.

Beim Untermerzbacher Damenteam mit Ramona Maempel, Katherina Tschitilajewa und Ella Karina Rössling (Augsburg) verlief es bis zur dritten Runde sehr gut, jedoch konnten sie sich gegen das spätere Siegerteam KG Mannheim/Bodensee nicht durchsetzen. So rutschten die drei Mädels in die Trostrunde, wo aber auch gegen Bunkai Haren kein durchkommen möglich wurde. Somit teilten sich die Damenteams Memmingen und Untermerzbach jeweils einen fünften Rang.

Sehr zufrieden mit diesen Ergebnissen zeigte sich Wolfgang Seidel und sein Trainerteam mit Gerhard Weitmann und Franz Fenk. Sie verkennen aber auch nicht, dass noch viel Arbeit vor ihnen liegt. Als Hauptschwerpunkt ihrer Arbeit wird die Heranführung der zahlreichen bayerischen Nachwuchstalente an den Seniorenkader sein. So wollen sie Talente wie z.B. Jayson die Möglichkeit geben, sich langsam an die nationale und internationale Spitze heranzuarbeiten. Dazu gehört die intensive Zusammenarbeit mit den Heimtrainern und die Teilnahme von internationalen Events, wie die "Opens" in der Golden League. Auch das Zusammengehörigkeitsgefühl soll noch stärker wachsen. Als ersten Schritt organisierte Wolfgang Seidl eine gemeinsame Anreise der bayerischen Teilnehmer nach Neubrandenburg in einem Bus, was von den Beteiligten dankbar angenommen wurde.

Melanie Müller,
Medienreferentin im BKB

Ingo @verdunk
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