Doping im Sport

von Dr. Detlef Hauck

Inhalt

Einleitung

Seit Jahrtausenden ist die Verbesserung der Leistungsfähigkeit durch die Einnahme von Substanzen ein Wunschtraum der Menschen. Leistungssteigernde Substanzen wurden bereits in der Antike eingesetzt. Bis Ende der 60iger Jahre erfolgten bei Sportlern keine Kontrollen auf Einnahme von leistungsfördernden Substanzen. Nach einigen Todesfällen beim Radfahren (z. B. 1964 Tod des Radfahrers Tom Simpson bei der Tour de France durch die Einnahme von Amphetaminen mit Alkohol in Kombination mit extremer Hitze) wurden Anti-Doping-Regeln aufgestellt, um einen fairen Wettkampf zu ermöglichen, und um die Gesundheit des Sportlers zu schützen. Der ständige medizinische Fortschritt und Neuentwicklungen von Medikamenten, welche bei Missbrauch zu Leistungsförderung führen, macht eine laufende Aktualisierung der Dopingrichtlinien erforderlich.

Trotz der bekannten gesundheitlichen Gefahren ist das Problem Doping im Leistungssport weiterhin aktuell (siehe letzte Olympiade). Aber nicht nur im Hochleistungssport, sondern auch beim so genannten Freizeitsportler ist die Einnahme verbotener Substanzen ein aktuelles Thema. So konsumiert nach Untersuchungen jeder fünfte Freizeitsportler im Fitnessbereich unerlaubte Substanzen (hier zumeist Anabolika) in Deutschland, was in Anbetracht der großen Zahl an Sportler(innen) hochgerechnet zu einer Zahl von mehr als 200.000 Anabolikakonsumenten in Deutschland führt.

Definition des Doping

A) Definition des Europarates von 1963:

"Doping ist die Verabreichung oder der Gebrauch von körperfremden Substanzen in jeder Form oder physiolog. Substanzen in abnormaler Form oder auf abnormalem Wege an gesunde Personen mit dem einzigen Ziel der künstlichen und unfairen Steigerung der Leistung für den Wettkampf. Desweiteren gelten verschiedene psychologische Maßnahmen zur Leistungssteigerung als Doping."

B) Dopingregel des IOC:

"Doping ist die Verwendung von Substanzen aus den verbotenen Wirkstoffgruppen und Anwendung verbotener Methoden."
  1. Verbotene Wirkstoffgruppen
    1. Stimulantien
    2. Narkotika (opioide Analgetika)
    3. Anabole Wirkstoffe
    4. Diuretika
    5. Peptidhormone und Analoga
  2. Verbotene Methoden
    1. Blutdoping
    2. Pharmakolog., chem. und physikalische Manipulation
    3. Künstliche Sauerstoffträger und Plasmaexpander
  3. Wirkstoffgruppen, welche mit gewissen Einschränkungen zugelassen sind
    1. Alkohol
    2. Cannabinoide
    3. Lokalanästhetika
    4. Corticosteroide
    5. Betablocker
Bei den verbotenen Wirkstoffgruppen gilt generelles Verbot für die Gruppen c) bis e) sowohl für die Trainings- als auch Wettkampfphase (selbst bei medizinischer Indikation), während für die Gruppen a) und b) in der Trainingsphase unter gewissen Indikationen kein Verbot gilt, jedoch in der Wettkampfphase.

Es existiert eine sog. Positivliste, aktuell vom Mai 2001, der Antidopingkommission des DSB und NOK, in der die erlaubten Medikamente aufgelistet sind. Diese Liste kann über den DSB oder via Internet unter www.dopinpinfo.de downgeloadet werden. Eine verbindliche und vollständige "Negativliste" existiert bewusst nicht, da zum einen diese Liste ständig aktualisiert werden müsste, zum anderen diese Liste evtl. gerade zum Missbrauch anleiten kann.

Verbotene Wirkstoffe

A) Stimulantien

Sie leiten sich von ihrer Struktur vom Adrenalin und Noradrenalin ab. Klassischer Vertreter ist das Amphetamin (starkes Stimulanz), aber auch Ephedrin und Coffein (weniger starke Stimulantien). Amphetamin wurde in den 30iger Jahren zur Behandlung des Asthma bronchiale entwickelt und als Benzedrin in den Handel gebracht. Wirkungen: Nebenwirkungen: Da Ephedrin in Grippemitteln enthalten ist, ist ein Grenzwert von ca. 20 µg/ml Urin noch erlaubt (Internat. Radsportverband), bei Coffein beträgt der erlaubte Grenzwert 12 µg/ml Urin (entspricht dem Genuss von 300 mg Coffein gleich zwei Tassen starken Kaffees innerhalb einer Stunde).

B) Opioide Analgetika

Sie leiten sich ursprünglich aus dem getrocknetem Milchsaft des Schlafmohns ab, in dem sich neben ca. 25 Alkaloiden v. a. Morphin, Codein und Thebain befinden ("Opus" = Saft).

Verwendung des Opiums bereits seit 1600 v. Chr. 1803 wurde erstmalig Morphin als Reinsubstanz gewonnen und Morphin genannt (Morpheus ist der Gott der Träume). Seither auch Herstellung synthetischer Opiate.

Wirkmechanismus: Bindung an Opiatrezeptoren im Zentralnervensystem und Rückenmark, damit Hemmung der Erregungsübertragung z. B. des Schmerzes. Dies erfolgt physiologischerweise durch körpereigene Enkephaline (Endorphine), welche bei Stresssituationen ausgeschüttet werden.

Wirkungen:

Nebenwirkungen:

C) Anabole Wirkstoffe

Sie sind die am häufigsten missbräuchlich verwendeten Mittel zur Leistungssteigerung. Man unterscheidet anabole Steroide von anabol wirkenden Substanzen anderer Wirkgruppen (sog. ß-2-Agonisten).

a) Anabole Steroide:

Wurden erstmalig 1976 verboten. Sie leiten sich alle chemisch vom körpereigenen Testosteron (männliches Sexualhormon) ab. Durch chemische Änderungen können die spezifischen anabolen und androgenen Wirkungen modifiziert werden, aber alle Anabolika haben sowohl anabole (d. h. muskelaufbauende) als auch androgene (d. h. vermännlichende) Wirkungen. Wirkung: Nebenwirkungen: In diesem Zusammenhang muss auf eine Warnung der Antidopingkommission von DSB/NOK hingewiesen werden: In verschiedenen Nahrungsergänzungsstoffen (Creatin-, Gerana-, Tribulus-, ...-Produkten) können Vorläufersubstanzen von Steroidhormonen auch ohne Deklaration enthalten sein, sodass beim Genuss durch den Athleten positive Dopingproben resultieren können. Vor dem Genuss derartiger Nahrungsergänzungsstoffen wird deswegen ausdrücklich gewarnt. Das Risiko einer positiven Testung trägt ausschließlich der Athlet!

b) Beta-2-Agonisten:

Sie sind Medikamente, welche zur Behandlung des Asthma bronchiale verwendet werden. Beta-2-Agonisten haben allerdings auch anabole Wirkungen (Clenbuterol in der Tiermast), weswegen Beta-2-Agonisten erstmalig 1993 auf die Liste der verbotenen Medikamente gesetzt wurden. Zur Behandlung von Asthma sind derzeit drei Präparate als Inhalationspräparate zugelassen (Formoterol, Salbutamol, Sameterol), wobei die Anwendung dem zuständigen Verband gemeldet sein muss.

Wirkungen:

Nebenwirkung:

D) Diuretika:

Harntreibende Substanzen, die eine negative Flüssigkeitsbilanz bewirken. Diuretika per se sind nicht leistungssteigernd, aber sie finden im Leistungssport bei Gewichtsklassenbeschränkungen Anwendung, um einem(r) Sportler(in) den Start in einer niedrigeren Gewichtsklasse zu ermöglichen. Weiterhin erschweren sie durch die Verdünnung des Urins den Nachweis der Einnahme verbotener Substanzen. Deswegen erfüllt die Einnahme von Diuretika den Tatbestand der Manipulation einer Dopingprobe. Bei einem Urin mit einem spezifischen Gewicht unter 1010 muss eine weitere Urinprobe des Athleten angefordert werden.

E) Peptidhormone und Analoga:

Dies sind Hormone, welche aus Aminosäuren aufgebaut sind, manche haben noch Zuckerketten in ihrer Molekülstruktur (Glycoproteine).

a) Human Choriongonadotropin (ß-HCG):

Wird physiologischerweise in der Plazenta der Frau während der Frühschwangerschaft gebildet. Führt beim Mann zur Produktion von Testosteron und ist deswegen verboten. Bei der Frau sind hohe HCG Werte z. T. pyhsiologisch und führen nicht zur Testosteronbildung.

b) ACTH (Adrenocorticotrophes Hormon):

Wird natürlicherweise in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gebildet und wirkt im hormonellen Regelkreis auf die Nebennieren. ACTU erhöht den Corticosteroidspiegel,

c) Erythropojetin (EPO):

In der Niere gebildetes Glycoprotein, welches im Knochenmark die Reifung von Erythrozyten (rote Blutkörperchen) stimuliert. Bei Missbrauch wird gentechnisch hergestelltes EPO subcutan oder intravenös gespritzt, wodurch sich die Erythrozytenzahl (Sauerstoffträger) erhöht, was leistungssteigernd vor allem für Ausdauersportarten wirkt.

Nebenwirkung:

d) Wachstumshormon (HGH - human growth hormone):

Eiweißhormon der Hypophyse, welches direkt oder über Mediatoren (Insulin-like-growth-factor) auf alle Gewebe des Körpers wirkt.

Wirkung:

Nebenwirkung:

Verbotene Methoden

A) Blutdoping

Verabreichung von Vollblut oder Erythrozytenkonzentraten zur Verbesserung der Sauerstofftransportkapazität. Darunter zählt auch die Eigenblutspende des Sportlers.

Nebenwirkungen:

B) Manipulationen einer Urinprobe

Bsp.: Katheterisierung, Urinaustausch, Verdünnen des Urins durch Flüssigkeit oder Erhöhung der Urinausscheidung (Diuretika, s. o.).

C) Plasmaexpander

Flüssigkeiten zur Erhöhung des Blutvolumens, z.B. Dextrane, Hydroxyethystärke, z. B. um den Hämatokritwert zu senken (Kaschieren von Blutdoping oder EPO-Einnahme), oder um einen Flüssigkeitsverlust bei Ausdauersportarten zu substituieren.

Nebenwirkung:

Wirkstoffgruppen, welche mit gewissen Einschränkungen zugelassen sind

A) Alkohol:

Meist führt Alkohol zu keiner Leistungssteigerung, bei bestimmten Sportarten (Schießsportarten) ist Alkohol jedoch verboten.

B) Cannabis:

Tetrahydrocannabinol aus dem indischen Hanf als Wirkstoff.

Wirkung:

Unter Cannabiseinfluss kann es zu einer erhöhten Risikobereitschaft und somit zu einer erhöhten Eigen- und Fremdgefährdung bei bestimmten Sportarten kommen. Der Genuss von Cannabis ist nur in der Wettkampfphase verboten, die lange Nachweisbarkeit der Metaboliten bedeutet aber de facto auch ein Verbot in der Trainingsphase. Außerdem ist Cannabis in Deutschland eine illegale Droge und der Genuss hat bei Nachweis strafrechtliche Konsequenzen.

C) Lokalanästhetica:

Führen zu einer reversiblen Blockade der Schmerzleitung.

Anwendung von Lokalanästhetica ist unter folgenden Voraussetzungen gestattet:

Diagnose, Dosis und Art der Anwendung müssen der zuständigen "medizinischen Kommission" des Verbandes schriftlich mitgeteilt werden.

D) Coiticosteroide:

Der Einsatz von Corticoiden erfolgt wohl v. a. auf Grund der euphorisierenden Wirkung. Jegliche Verwendung ist deshalb im Sport verboten. Ausnahmen sind äußerliche Anwendung (Ohr, Auge) oder lokale, bzw. intraartikualäre Anwendung oder Inhalationstherapie (Asthma), nicht jedoch Anwendung im Rektum (Anwendungsform z. B. bei bestimmten Darmerkrankungen). Anwendung von Corticosteroiden ist schriftlich bei der med. Kommission des Verbandes anzuzeigen.

Wirkungen und Nebenwirkungen;

E) Betablocker:

Medikament zur Behandlung des Bluthochdruckes, sowie von Herzrhythmusstörungen und Migräne. Auf Grund der durch die Betablocker bedingten Einschränkung der kardiovaskulären Lei-s-tungsfähigkeit findet keine Prüfung der Betablocker bei Ausdauersportarten statt. Bei Schießwett-bewerben, Bob- und Schlittensport, Turmspringen und Skispringen ist die Einnahme verboten. Nach Meinung der Dopingkonferenz existieren genügend alternative Blutdruckmedikamente, um Lei-stungssportler mit arterieller Hypertonie oder Migräne ohne Konflikt mit Dopingvorschriften zu behandeln.

Dopingkontrollen

Dopingkontrollen werden durch die zuständigen Sportverbände geregelt, wobei insbesondere Deutsche Meisterschaften, Länderkämpfe, nationale und internationale Veranstaltungen einbezogen werden sollen. Dopingkontrollen werden sowohl innerhalb der Wettkämpfe (d. h. vom Beginn des Betretens der Wettkampfstätte bis zum Verlassen derselben), als auch außerhalb der Wettkämpfe (Trainingskontrollen) durchgeführt. Betroffen können alle Sportler der Bundeskader (auch B- und C- Kader) sein, die nach dem Zufallsprinzip ausgewählt werden.

Ablauf der Dopingkontrollen:

Die Sportler(innen), bei denen Kontrollen durchgeführt werden sollen, haben unter Aufsicht unmittelbar nach dem Wettkampf bzw. außerhalb des Wettkampfes Urin abzugeben bzw. sich von geschultem Personal Blut nehmen zu lassen (20 ml Blut erforderlich). Dabei ist die Würde der Sport-ler(innen) zu wahren.

Die Sportler(innen) haben die Dopingkontrolle zu dulden. Bei Verweigerung oder Vereitelung einer Dopingprobe wird verfahren, als ob der Tatbestand des Dopings erfüllt wäre.

Jede Probe wird in zwei getrennte Gefäße gefüllt (A und B Probe) und unverzüglich den zugelassenen Untersuchungsstellen zugesandt. Bei positivem Nachweis (A und B Probe) wird vom jeweiligen Sportverband ein Verfahren eingeleitet. Bei Nachweis auf Verstoß gegen § 6 a des AMG wird zudem eine Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft eingeleitet. Es muss sichergestellt werden, dass gesperrte Sportler bei entsprechenden Veranstaltungen nicht teilnahmeberech-tigt sind und auch nicht für internationale Veranstaltungen gemeldet werden.

Zulassungssperren (Empfehlung):

Sportler(innen) sollen bei nachgewiesenem Doping Der individuelle Grad des Verschuldens ist dabei zu berücksichtigen.

Bei Dopingnachweis ist der(die) Sportler(in) bzw. die Mannschaft für den laufenden Wettkampf zu disqualifizieren.

Hilfspersonen (Trainer, Betreuer etc.) werden bei nachgewiesener Mitwirkung am Doping oder Verweigerung / Manipulation / Vereitelung einer Do-ping-kontrolle gemäß obigen Fristen an der Teilnahme von Meisterschaften bzw. Betätigung im Zusammenhang mit Wettkämpfen ausgeschlossen. Dies kann auch arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen (z. B. fristlose Kündigung eines Trainers).

Literaturanhang

Dr. Detlef Hauck


Links zum Thema Doping

Anti-Doping-Kommission des Deutschen Sportbundes und Nationalen Olympischen Komitees:
www.dopinginfo.de

Broschüren der Anti-Doping-Kommission:
Liste zulässiger Medikamente
Ergänzung zur Liste zulässiger Medikamente (alphabetisches Verzeichnis)
Doping-Kontroll-System - DKS
Ich werde kontrolliert
Rahmenrichtlinien zur Bekämpfung des Doping

"Anhang A des Olympic Movement Anti-Doping Code (Gruppen verbotener Wirkstoffe und verbotene Methoden 2001 - 2002 - 01. September 2001)" kann unter www.bisp.de (Bundesinstitut für Sportwissenschaft) abgerufen werden.

Kommentierte Bibliographie zum Doping

Welt-Anti-Doping Agentur (WADA): www.WADA-AMA.org

Ingo @verdunk
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