27. Dezember 2008 / cg

Ferienpass 2008 mit Karate

Selbstverteidigung und Gewaltpräventionstraining für Kinder und Jugendliche ab 8 Jahren
1. Kurs der Volkshochschule Neubiberg - Ottobrunn und der Karateabteilung des TSV Ottobrunn e.V. für den "Ferienpass" 2008

Ottobrunn - "Gewaltprävention im Rahmen des Karateunterrichtes an Vereinen und Schulen" lautete das erste Referat während der bundesweit ersten Ausbildung zum B-Trainer Gewaltprävention im DOSB Anfang diesen Jahres (wir berichteten). Allerdings: Was nützt uns eine Ausbildung, wenn die Diplome anschließend an der Wand verstauben?

Da kam uns ein Angebot der VHS Neubiberg-Ottobrunn mit Bitte um Meldung interessanter Kurse für den diesjährigen "Ferienpass" gerade recht und nach Rücksprache mit den zuständigen Stellen wurde somit ein über drei Wochen laufendes SV- und Gewaltpräventionstraining erstmalig in Ottobrunn angeboten.

Eine wichtige Frage, die wir uns als Trainer anfangs stellten, war, würden überhaupt interessierte Kinder kommen und wenn ja, wie kann man ihnen spielerisch einen eigentlich viel zu ernsten Hintergrund begreiflich machen und adäquat vermitteln?


Die Resonanz des SV- und Gewaltpräventionstraining im Rahmen des "Ferienpass 2008" war trotz der Ferien doch beachtlich. Insgesamme nahmen bis zu 16 Kinder und Jugendliche von knapp 7 bis 16 Jahren teil. Über die Motivation der Kinder konnten die Trainer nicht klagen.
Foto: Gabriella Gembe

Die Resonanz war trotz der Ferien dann doch beachtlich (insges. nahmen bis zu 16 Kinder und Jugendliche von knapp 7 bis 16 Jahren teil) und über die Motivation der Kinder konnten wir nicht klagen. Für uns selbst überraschend war dabei der Umstand, daß man auch mit kleinen Kindern über ernste gesellschaftliche Probleme sprechen kann, wenn man diese Themen kurz und klar formuliert. Leider war ja während der insgesamt drei Abendeinheiten in der Zeit vom 20.08. bis 03.09.08 das tragische Geschehen um die in Leipzig zuerst vermisste und dann ermordet aufgefundene achtjährige Michelle ganz aktuell und greifbar. Und: Allen Teilnehmern war dieses Geschehen sehr wohl bekannt!

Kann man denn nun auch "kleinen Kindern", die keinerlei Vorbildung in Karate oder anderen Kampfkünsten haben, in so wenig Zeit "wirksame SV-Techniken " vermitteln?

Wer so an die Thematik herangeht, hat wahrscheinlich von vorneherein den Geist des Budo und das streng gehütete Geheimnis des Karate ("Üben, üben, üben....!") nicht erkannt! Auch wir wurden von einigen Teilnehmern natürlich mit dieser Frage konfrontiert, denn - wie immer - eine gemischte Gruppe hat ihre gruppenspezifische Dynamik und selbstverständlich waren ein, zwei Jungs nur deshalb gekommen, weil sie nach zwei Abenden quasi den Schwarzgurt im Karate haben wollten....

Ansatzweise aber auch kleinen Kindern einen sicheren Stand, einen festen Blick / Augenkontakt, Ausweichen statt Zurückweichen, "Halt!" / "Stop!" / "Laß' das!" oder ganz einfach: Lautes Schreien! usw. zu vermitteln - ja, das geht und obendrein macht es allen unheimlichen Spaß!

Und dann kann man auch in den ruhigen Momenten zwischen den verschiedenen "Spielen" (die natürlich keine sind, sondern eben auch Selbstbehauptung, Beweglichkeit und Geschicklichkeit trainieren sollen) in "hömöopathischen Dosen" auch ernste Grundtechniken der SV zeigen und machen. Hauptsache aber immer: Sofort machen lassen. Und bei Fehlern (niemand erwartet, daß das alles gleich klappt), sofort in der Gruppe korrigieren und erneut üben lassen.


Am Ende der dritten und letzten Einheit mussten die Trainer Christian Gembe und Willi Kirst noch ins Bodenrandori.
Foto: Gabriella Gembe

Sogleich mussten sich aber auch jede(r) Teilnehmer selbst aus diesen unangenehmen Situationen befreien.
Foto: Gabriella Gembe

Am Ende der dritten und letzten Einheit (es hatten alle Teilnehmer bis zum Schluß durchgehalten - auch ein Zeichen, daß der Spaßfaktor nicht zu kurz gekommen war) ergab es sich dann aus den Fragen und Problemen der Kinder heraus, daß wir doch noch ins Bodenrandori kamen und sich jede(r) aus diesen unangenehmen Situationen befreien mußte. Wir als Trainer hatten dies ursprünglich ausgeklammert, weil es uns für die Kinder als zu hart und grenzwertig erschien, hier ließen wir uns aber dann von der positiven Dynamik in der Gruppe leiten.

Eventuell auch wichtig: Zwei Trainer sind für eine solche Gruppe wahrscheinlich das empfehlenswerte Minimum. Und eine helfende Hand und gute Seele im Hintergrund ist sinnvoll, ab und zu müssen dann doch mal ein paar Tränen getrocknet und einige tröstende Worte gesprochen werden. An dieser Stelle ein herzliches domo arigatou gozai masu an Willi Kirst, meinen Co-Trainer, und an Gabi Gembe!

Fazit: Am wichtigsten natürlich war allen, daß es großen Spaß gemacht hat. Unsere zwei "Rabauken" verabschiedeten sich mit dem Satz, sie wollten künftig doch lieber Fußball spielen - wir sehen es ihnen nach, sie waren auch nicht ganz in der Zielgruppe! Aber die Mädchen und auch die anderen Jungs gingen allesamt physisch und psychisch gestärkt aus dem Kurs! Somit also ein voller Erfolg (und wenn uns hinterher auch noch einige Anmeldungen in den Verein flattern, umso besser)!

Christian Gembe
Abteilungsleiter Karate im TSV Ottobrunn e.V.
B-Trainer Gewaltprävention im DOSB

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