Bayerisches Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst
Fachlehrplan für den Differenzierten Sportunterricht, Sportart Karate
Karate ist ein in Japan entwickeltes System der waffenlosen Selbstverteidigung.
Sein Ausbildungsprogramm gliedert sich in die drei Bereiche Kihon (Schulung von
Grundlagen und Grundtechniken), Kata (festgelegte Zusammenstellungen von
Techniken aus dem Bereich des Kihon) und Kumite (Partnerübungen unterschiedlichen
Schwierigkeitsgrades). Es geht dabei nicht nur um die Vermittlung von
Fertigkeiten, sondern auch um psychologische und ethische Aspekte.
In einem koedukativen Unterricht ist innerhalb der Interessengruppe nach
Geschlechtern zu trennen.
1. Gesundheit (-> GE)
Karate trägt zur Gesundheit insbesondere durch die Verbesserung der Kraftausdauer und
Beweglichkeit bei. Die Schüler lernen, sich gewandt zu bewegen und sich reaktionsschnell auf die
Aktionen eines Angreifers einzustellen. Die Fallschulung trägt zur Unfallprophylaxe bei Stürzen in
Sport und Alltag. Um das Verletzungsrisiko zu verringern, sind vorbereitende und ausgleichende, den
gesamten Körper umfassende Lockerungs-, Dehn, und Kräftigungsübungen notwendig. Verschiedene
Entspannungsverfahren (z.B. Beruhigungsatmung, Meditationsphasen zu Beginn und am Ende des
Trainings) fördern die innere Ausgeglichenheit der Schüler und verbessern ihre
Konzentrationsfähigkeit. Karate soll Selbstverteidigungsfähigkeit, Selbstdisziplin, Ausgeglichenheit
und damit zu einem stabilen Selbstwertgefühl der Schüler beitragen. Obwohl manchmal ein
selbstsicheres Auftreten die Wahrscheinlichkeit eines Angriffs verringern kann, dürfen die Schüler nie
der Illusion verfallen, daß ihnen durch das Karatetraining nun nichts mehr passieren könne.
2. Fairneß, Kooperation (-> FR)
Das Vertrauen in die Disziplin und Aggressionskontrolle des Partners eröffnen besondere
Möglichkeiten einer Sozialerziehung durch Karate. Bei den Partnerübungen des Karate müssen
Angriffstechniken kontrolliert ausgeführt werden (d.h. sie werden vor dem Ziel arretiert).
Trefferwirkung ist ein Regelverstoß, der unbedingt vermieden werden muß. Den Schülern soll die
Verletzbarkeit des anderen bewußt bleiben, und sie sollen die Verhältnismäßigkeit von zur
Selbstverteidigung eingesetzten Karatetechniken einschätzen lernen. Der koedukative Unterricht
beinhaltet die Möglichkeit, sich mit geschlechtsspezifischen Sichtweisen von Verteidigungssituationen
auseinanderzusetzen und so gegenseitiges Verständnis zu wecken. Die Etikette und das traditionelle
Zeremoniell des Karate erziehen die Schüler zu einem von gegenseitiger Achtung und Respekt
geprägten Umgang miteinander.
3. Umwelt
Das Schulumfeld der Schüler wird in realitätsnahen Übungssituationen mit einbezogen. Hierbei
werden die Schüler zu schonendem Umgang mit Übungsgeräten (z.B. Matten) und zur
Sauberhaltung der Übungsstätten angehalten.
4. Leisten, Gestalten, Spielen
4.1 Einführung
Technik und Taktik
- Grundstellung (Dachi), Bereitschaftsstellung (z.B. Hachiji-Dachi), Schrittstellung (z.B. im Zenkutso-Dachi)
- Abwehrtechniken (Uke): Blocken von Angriffen (z.B. mit Jodan-Uke)
- Angriffstechniken mit der Hand (z.B. Gyaku-Tsuki, Shuto-Uke) oder dem Fuß (z.B. Mae-Geri)
- einfache Kombinationen: Abwehr und Konter (z.B. Jodan-Uke/Gyaku-Tsuki)
- einfache Partnerübungen (z.B. Kihon-Ippon-Kumite)
- einfache Kata (z.B. Heian / Pinan Shodan)
- Selbstverteidigung gegen Angriffe aus der Distanz (z.B. Tritte) und mit Körperkontakt (z.B. Fassen, Halten, Würgen)
- Fallschulung
Kondition und Koordination
Verbesserung der Kraft, Kraftausdauer, Schnellkraft, Beweglichkeit, Gewandtheit, der
Gleichgewichts-, Reaktions- und Antizipationsfähigkeit durch altersgemäße Spiel- und
Trainingsformen.
Theorie
Hinweise zur Geschichte, kulturellen Bedeutung und Philosophie des Karate, Gemeinsamkeiten mit
und Unterschiede zu anderen fernöstlichen Budo-Sportarten; Zeremoniell und Etikette; japanische
Fachsprache (Grundbegriffe).
4.2 Fortführung
Technik und Taktik
Die unter 4.1 erlernten Grundtechniken werden unter höherer Belastung und in komplexeren Übungs-
und Spielformen vertieft und erweitert:
- Grundstellungen (z.B. Kokutsu-Dachi oder Neko-Ashi-Dachi)
- Abwehrtechniken (z.B. Juji-Uke)
- Hand- und Fußtechniken (z.B. Empi-Uchi oder Mawashi-Geri)
- Kombinationen (z.B. Mae-Geri/Gyaku-Tsuki)
- komplexere Partnerübungen (z.B. Jyu-Ippon-Kumite)
- höhere Katas
- angesagte und nicht angesagte Angriffe abwehren (aus der Distanz oder mit Körperkontakt)
- Fallschule erweitern (z.B. über Hindernisse)
- Hilfsmittel einsetzen (z.B. Regenschirm, Handtasche, Schlüsselbund)
- bewaffneten Angriffen begegnen
- den Angreifer beurteilen und sich entsprechend taktisch verhalten
Kondition und Koordination
Die Anforderungen an die Kraft, Kraftausdauer, Schnellkraft, Beweglichkeit und die koordinativen
Fähigkeiten (v.a. Reaktionsfähigkeit) werden erhöht.
Theorie
Trainingsmethoden, Bewegungsanalyse und Fehlerkorrektur; Wettkampfregeln; anatomische und
physiologische Wirkungen der Karatetechniken; ethisch-moralische und rechtliche Aspekte (z.B.
Bestimmungen zu Körperverletzung und Notwehr im Strafgesetzbuch); persönlichkeits- und
sozialpsychologische Aspekte.
Ingo @verdunk
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