20. Januar 2007 / mm

Bayerische Karatekas auf der Suche nach den Karate-Ursprüngen in Okinawa

Okinawa - Die Vision wurde geboren, als im Sommer 2004 hochrangige Karatemeister aus Okinawa zu Gast in der Karateschule von Jamal Measara, 7. Dan Karate, in Kelheim waren. An diesem Lehrgang nahmen auch Mitglieder des Shotokan Karatevereins Bushin-Kan e.V. aus Bad Abbach teil. Die Bad Abbacher um Ihren Sensei Helmut Körber, 5. Dan, war von dieser Begegnung und dem Training so begeistert, dass spontan die Idee von einem Besuch auf Okinawa geboren wurde. Als sich Jamal Measara nach einem Gespräch mit Helmut Körber spontan bereit erklärte, die Gruppe nach Okinawa zu begleiten und sich somit alle Türen zu den Dojos auf Okinawa öffnen würden, stand der Reise nichts mehr im Wege. Einer Gruppe von 10 Bad Abbacher Karatekas schlossen sich noch Mitglieder der Dojos aus Deggendorf, Arnstorf, Hauzenberg und Regensburg an.


Die Studiengruppe aus Bayern. Von rechts nach links: Dr. Gert Aurig, Jürgen Huber, Martina Essl, Helmut Stubenrauch, Dieter Maier, Hermann Nagl. 2.Reihe: Konrad Strassl, Elmar Greisbauer, Stefan Retzer, Sensei Ku Ba (9. Dan Goju-Ryu), Ludwig Eibl, Helmut Körber, Klaus Schnabl. 3.Reihe: Dieter Deml, Dr. Franz Ameismeier, Edwin Boin, Dr. Robert Fromm, Shihan Jamal Measara hinter der Kamera).
Foto: Jamal Measara

Am 7. Oktober war es dann soweit. Unter der Gruppenleitung von Helmut Körber und Jamal Measara ging es los. Von München über Paris und Osaka kamen wir am Flughafen in Naha auf Okinawa an.

Bereits am Flughafen durften wir uns ein Bild machen von der überaus freundlichen und zuvorkommenden asiatischen Art. Einige der hochrangigsten Karatemeister wie Shihan Zenpo Shimabukuro, 9. Dan Shorin-Ryu, Itokasu Sheisho, 9. Dan Kounan-Ryu, Soke Matayoshi Yasushi, Sohn des Gründers des Matayoshi-Kobudo, sowie Dan Smith, 8. Dan und Cheftrainer USA für Seibukan, holten uns vom Flughafen ab, und brachten uns zu unserem Hotel in Chatan.

Eine Reise nach Okinawa wäre natürlich keine so besondere Sache, hätte man nicht die Gelegenheit, in den Dojos der dortigen Großmeister trainieren zu können. Dank der ausgezeichneten Kontakte und des guten Renommées von Sensei Jamal Measara zu den dortigen Meistern wurden die Türen zu vielerlei verschiedenen Dojos geöffnet.


Foto: Elmar Griesbauer

Foto: Elmar Griesbauer

So stand bereits der zweite Tag unseres Aufenthalts unter dem Motto Shorin-Ryu Seibukan. Gegen 8.00 Uhr machten wir uns also auf den Weg zum Honbu-Dojo, in dem wir erstmals direkt unter Zenpo Shimabukuro-Sensei, dem Vertreter des Shorin-Ryu-Sukunaihayashi, trainieren durften, was für uns eine große Ehre war. Bei ihm hatten wir dann noch mehrmals die Möglichkeit zu trainieren. Tiefere Einblicke in Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede der verschiedenen Karate-Stilrichtungen bekamen wir durch die Grundschultechniken, die ausgewählten Katas, aber auch durch die angeregten Gespräche und Diskussionen.

Das Training bei Karate-Meister Kanei Hitoshi, 6. Dan Goju-Ryu-Karate und Jinbukan-Kobudo, Sohn des legendären Kanei Katsuyoshi, 9. Dan und Gründer des Jinbukan-Kobudo, war einer der Höhepunkte. Dieses Training bleibt uns vor allem deswegen unvergessen, weil er uns in die Kunst des japanischen Arbeitens mit Gewichten einführte. Angefangen hat das Training in seinem Sinne mit "leichtem" Aufwärmen. Wir sollten im Handstand vom einen Ende des Dojos zum anderen marschieren. Das weitere Training war nicht minder beeindruckend. Ein weiteres Training unter der Leitung von Ku Ba, 9. Dan Goju-Ryu, rundete den Tag später ab.


Foto: Elmar Griesbauer

Foto: Elmar Griesbauer

Wir bedankten uns bei allen Karatemeistern für ihre freundliche und offene Art durch Überreichung einiger "bayerischer Schmankerl" sowie dem offiziellen Wimpel des Deutschen Karate Verbandes, die Sensei Körber im Namen des DKV überreichte.

Es blieb aber auch genügend Zeit, uns mit der Kultur und der Geschichte der Insel zu beschäftigen. Zum Thema Karate darf natürlich der Weg zum Shuri-Schloss nicht fehlen. Das Shuri-Schloss, die Wirkstätte der berühmten ehemaligen Karateka wie Matsumura Sokon, Anko Itosu, Anko Azato und Funakoshi Gichin, verfehlt auch heute noch nicht seine besondere Wirkung auf jeden Karateka.


Foto: Elmar Griesbauer

Foto: Elmar Griesbauer

Unser letzter Tag auf Okinawa war auch der sportliche Höhepunkt, was die Einmaligkeit betrifft. Das erste Mal in der Geschichte des Karate auf Okinawa, hatten deutsche Shotokan-Karateka die große Ehre, bei einer Karate- und Kobudo-Vorführung aktiv mitzuwirken. Es war das alljährlich einmal stattfindende "Karate and Kobudo Exchange Festival".

Bei dieser Veranstaltung war die Creme de la Creme der Großmeister aus Okinawa vertreten. Angesichts dieser Koryphäen war es eine absolute Ehre, hier mitmachen zu dürfen. Neben den Karateschulen aus Okinawa waren Teilnehmer anderer Japanischer Inseln, den USA, Malaysien und weiteren Ländern zu sehen.

Da Shotokan in Okinawa nicht so stark verbreitet ist, war es den Bemühungen von Shihan Zenpo Shimabukuro zu verdanken, dass wir eingeladen wurden, an der Vorführung mit einer eigenen Demonstration teilzunehmen. Der eine Teil der Gruppe glänzte mit der synchron vorgetragenen Kata Bassai-Dai. Der andere Teil der Gruppe, fünf unserer höher graduierten Karateka, zeigte ein Potpourri verschiedener Katas synchron mit zwischengeschaltetem Bunkai. Dieser Vortrag war so perfekt, dass selbst das kritische und sachverständige Publikum die Darbietung mit Standing Ovations bedachte.


Foto: Elmar Griesbauer

Foto: Elmar Griesbauer

Um aus der langen Liste der Akteure und Anwesenden nebst den ganzen Meistern, die bereits weiter oben im Text genannt wurden, nur einige wenige aufzuführen, seien hier beispielsweise Sensei Sakumoto mit einem Damen-Synchronkata-Team wie auch Shimabukuro-Sensei, Sensei Dan Smith, oder die "lebenden Schätze Okinawas" zu nennen. Eine Sache, die uns alle so sehr beeindruckt hatte, dass sie an dieser Stelle auch genannt werden sollte, war innerhalb dieses Ganztagesevents die kurze Showeinlage von Sensei Shinjo Katsuhide, der wie bereits oben angesprochen, als ungeschlagener Meister im Full-Contact-Karate gilt. Er zeigte einen Bruchtest der besonderen Art, als er ein Vierkantholz auf seinen Zehenspitzen zertrümmerte.

Nach diesem Höhepunkt ging unser Aufenthalt auf Okinawa zu Ende, was aber nicht heißt, dass damit unsere Karatemission schon beendet war. Den Abschluss bildete das Training im "Mekka" des Shotokan Karate in Tokyo. Im Dojo von Mister Shotokan Kanazawa, 10. Dan, endete dann unser sportlicher Ausflug zu den Wurzeln des Karate.

Dr. Ameismeier

Ingo @verdunk
Last change: $Id: sommerlager2006.htm,v 1.1 2005-08-10 22:45:57+02 ingo Exp ingo $