Karate als Schulsport in Bayern

Bayern ist z.Zt. das einzige Bundesland, in dem - über örtlich und zeitlich begrenzte schulische Arbeitsgemeinschaften hinaus - Karateunterricht offiziell mit kultusministerieller Genehmigung an Schulen gegeben werden kann. So wird es an bayerischen Schulen entweder im Rahmen sogenannter Arbeitsgemeinschaften Schule- Sportverein von Übungsleitern lokaler Karatedojos oder im Rahmen des "Differenzierten Sportunterrichtes" von dazu qualifizierten Lehrern der Schule unterrichtet. Dies war möglich durch die offene und verständnisvolle Haltung der zuständigen Stellen des Kultusministeriums, die wohl auch zurückgeht auf entsprechende positive Unterstützung und Fürsprache seitens des BLSV, in dem der BKB einer der sich am dynamischsten entwickelnden Verbände darstellt.

Es hat in Bayern schon immer karatetreibende Lehrer gegeben, die ihre Karatebegeisterung an ihre Schüler in Form von Arbeitsgemeinschaften außerhalb der Unterrichtszeit weitergegeben haben. Aus diesen ersten Anfängen hat sich folgender Ist-Zustand entwickelt: An 7 Schulen in ganz Bayern wird Karate in Arbeitsgemeinschaften Schule-Sportverein unterrichtet; weiterhin unterrichten an 4 Hauptschulen, 3 Realschulen und 5 Gymnasien, also insgesamt 12 bayerischen Schulen Lehrer Karate im Rahmen des differenzierten Sportunterrichtes, nach einem Lehrplan, der auf einen Entwurf des BKB-Schulsportreferenten Andreas Schölz (Studiendirektor am Michaeli-Gymnasium München) zurückgeht. Stellvertretend sei Dank einigen "Karatelehrer" abgestattet, die in diesem Bereich Pionierarbeit geleistet haben: das ist für den Bereich der Hauptschule Stefan Bondorf (HS Füssen), für den der Realschule Jürgen Mayer (RS Hersbruck) und für die Gymnasien Alfred Heubeck, dessen Schuldojo am Melanchthon - Gymnasium Nürnberg auf Anfänge aus dem Jahr 1962 zurückgeht.

Warum stößt Karate auf einen solchen Anklang bei Lehrern, Eltern und Schülern? Sicher bedeutet es eine hohe Verantwortung, an der Schule eine Kampfkunst zu unterrichten, deren Techniken im Ernst- fall der Selbstverteidigung z.B. Verletzungen verursachen können. Aber neben dem praktischen Effekt eines Sports, der den ganzen Körper trainiert, neben einer wirksamen Selbstverteidigungs- möglichkeit gerade auch für Mädchen steht der unbestreitbare pädagogische Wert von Karate. Karate bedeutet die Erziehung zur Fairness durch den Verzicht auf Trefferwirkung - die Techniken werden kontrolliert ausgeführt, d.h. zwar mit voller Dynamik, aber vor dem Ziel abgestoppt.

Karate bedeutet zu lernen, mit eigenen und fremden Aggressionen verantwortungsvoll umzugehen.So betreiben unsere "Karatelehrer" nicht nur Selbstverteidigungstraining und Nachwuchsarbeit; an der Schule haben sie die Möglichkeit, Jugendliche durch Karate positiv zu beeinflussen, in einer Zeit, in der ein Teil unserer Jugend immer massiver der Ansicht zu sein scheint, daß Probleme und Konflikte vorrangig mit Gewalt zu lösen seien. Unsere "Karatelehrer" ,in gewisser Weise "Experten für Gewalt", sind imstande, den Jugendlichen den Weg der Friedfertigkeit, der Fairness, des Verzichts auf den ersten Schlag zu lehren.

Blicken wir in die Zukunft, so wird es z.B. bald einen Stützpunkt Schule-Sportverein am Michaeli-Gymnasium in München geben, an dem Karate auch leistungsportlich trainiert werden kann, und vielleicht schon im nächsten Jahr einen Grundkurs Karate in der Kollegstufe , und weitere Schulen werden diesem Beispiel folgen. Diese Entwicklungen und die zunehmende Zahl von Fach-, Examens- ,und Diplomarbeiten zum Thema Jugend, Schule und Karate zeigen, daß Karate in Zukunft keine Randsportart und kein" Exot" mehr sein wird, sondern eine selbstverständlich ausgeübte und gelebte Sport-art und Kampfkunst an der Schule: In der Schule durch Karate für das Leben lernen.

Andreas Schölz
ehem. Schulsportreferent BKB

Ingo @verdunk
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