15.September 2002 / ia

Karate im traditionellen Schulsportunterricht

Ist es sinnvoll, Karate als neue Sportart in den traditionellen Schulsportunterricht zu integrieren? - Eine kritische Betrachtung von Samad Azadi

Vorteile von Kampfsportarten

Sportartspezifische Vorteile gegenüber anderen Sportarten
Neben den allgemeinen sportlichen Vorteilen die durch das Üben von Kampfsportarten trainiert werden, wie beispielsweise Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit und Schnelligkeit, bieten die Kampfsportarten noch weitere sportspezifische Vorteile gegenüber anderen Sportarten. So wird beispielsweise in den Kampfkünsten bei denen Fusstechniken eingesetzt werden, wie Karate, Tae Kwon Do, Kung Fu oder Kick Boxing, die Beweglichkeit und die Feinmotorik noch intensiver geschult als bei vielen anderen Sportarten. Das Timing, durch ständiges Üben Techniken kontrolliert ins Ziel zu bringen, wird erheblich mehr geschult als in vielen anderen Sportarten.

Pädagogische Vorteile / Pädagogischer Nutzen
Gruppen und Einzelverhalten, Respekt vor Schwächeren / Stärkeren, Lehrer / Meister.

Sinnvolle Lebensschule, Selbstbehauptung, Selbstverteidigungsaspekt.
Das Üben und Trainieren von Kampftechniken hat immer den Nebeneffekt, dass der oder die Übende sich selbst in der Selbstverteidigung schult. Dieser Nebeneffekt, der natürlich auch die Motivation schlechthin sein kann sich mit Kampfkunst auseinander zu setzen, sollte nicht unterschätzt werden und als wichtiger Bestandteil für den Unterricht an den Schulen angesehen werden. Insbesondere Mädchen sollten, in Anbetracht höherer Gewaltbereitschaft und Kriminalität in der Gesellschaft, hiervon profitieren und den Sportunterricht nicht nur als Schulpflichtfach betrachten sondern als Lebensschule.

Über die Vorteile von Zweikampf- bzw. Kampfsportarten ist seit der Zunahme an Popularität in Deutschland viel diskutiert und wieder dementiert worden. Neben den oben genannten sportartspezifischen Vorteilen und den allgemeinen Fitnesskomponenten bieten die Kampfkünste auch die Möglichkeit der Auseinandersetzung mit sich selbst und anderen auf mentaler Ebene. Durch konzentriertes "an sich selbst arbeiten" und die Auseinandersetzung mit einem Gegner wird der oder die Übende dazu bewegt, sich der eigenen Fähigkeiten und der Fähigkeiten des Gegners / Partners bewusst zu werden. Dies beschränkt sich nicht nur auf das Kampfsystem, sondern ist auch nützlich im alltäglichen Leben. Nicht der Wille den Gegner, sondern erst sich selbst zu besiegen ist die Voraussetzung, um ernsthaft Kampfsport zu betreiben. Hier liegt ein grosser Vorteil der Kampfsportarten gegenüber den "herkömmlichen" (Schul-) Sportarten.

Durch sehr konzentriertes Üben an Bewegungen, Techniken und Kampfsituationen wird die Konzentrationsfähigkeit der Schüler verbessert. Für den Schulunterricht ein durchaus sinnvoller, wichtiger und nützlicher Punkt in der Argumentation darüber, ob Kampfsport Teil des differenzierten Sportunterrichts sein sollte.

Das Üben und Trainieren von Kampftechniken hat immer den Nebeneffekt, dass der oder die Übende sich selbst in der Selbstverteidigung schult. Dieser Nebeneffekt, der natürlich auch die Motivation schlechthin sein kann sich mit Kampfkunst auseinanderzusetzen, sollte nicht unterschätzt werden und als wichtiger Bestandteil für den Unterricht an den Schulen angesehen werden. Insbesondere Mädchen sollten, in Anbetracht höherer Gewaltbereitschaft und Kriminalität in der Gesellschaft, hiervon profitieren und den Sportunterricht nicht nur als Schulpflichtfach betrachten, sondern als Lebensschule.

Mögliche Nachteile und gängige Vorurteile gegenüber Kampfsportarten

Ein gängiges Vorurteil ist, dass Kampfsport aggressiv mache und durch das Üben von Techniken, die zur Verteidigung entwickelt worden sind, Schläger ausgebildet werden. Anzumerken ist hier, dass eine derartige Meinung nicht fundiert ist und wahrscheinlich beeinflusst ist von reisserischen Medienberichten und sogenannten "Karatefilmen". In diesen Filmen wird Gewaltverherrlichung und Gewaltverharmlosung betrieben. Ein Fusstritt zum Kopf ist in solchen Filmen die erste und einzige Konfliktlösung und bleibt meistens ohne Verletzungs- oder rechtliche Folgen, zumindest für den Helden. Dies hat nichts mit verantwortlichem Kampfsporttraining zu tun, schürt aber Vorurteile und Ängste.

Eine neuere Studie des Institut für pädagogische Psychologie der Universität München und dem Michaeli-Gymnasiums München belegt, dass Karatetraining nicht aggressiver macht, sondern die karatetreibenden Schüler ausgeglichener sind als die nicht karatetreibenden Schüler. Es ist nachvollziehbar, dass jemand der mit der Motivation anfängt Kampfsport zu betreiben, den kurzfristigen Erfolg sucht, mit anderen Worten: umgehend lernen möchte "jemanden platt zu machen". Diese Person wird schnell enttäuscht werden, denn Kampfsporttraining bedeutet eher Frustration darüber, dass man nie gut ist, egal wieviel Wissen und Fertigkeiten der Übende sich schon angeeignet hat.

Sich mit Kampfkunst auseinander zu setzen bedeutet, die Wurzeln der Bewegungen zu erfassen und immer wieder zu wiederholen, bis sich eine Verbesserung der Bewegungsausführung einstellt. Bei vielen Übenden ist dies nie der Fall. Hiermit soll verdeutlicht werden, dass kurzfristiger Erfolg unwahrscheinlich ist und das Kämpfen eine Kunst ist, die zu erlernen eine harte Schule voraussetzt.

Ein nicht zu unterschätzender Faktor bei der Diskussion um Nachteile im Kampfsport ist das Gesundheitsrisiko, das der Übende eingeht. Nachgewiesen ist, dass Verletzungen im Fussball oder Handball um ein Vielfaches häufiger vorkommen als im Kampfsport. Hierbei muss unterschieden werden zwischen Systemen die mit Kontakt arbeiten und solchen, die versuchen, dies zu vermeiden. Dennoch ist auch im Karatetraining ein Verletzungsrisiko nicht ganz auszuschliessen. Der respektvolle und vorsichtige Umgang mit der Gesundheit des Partners ist eine wichtige Voraussetzung für effektives und richtiges Kampfsporttraining. In vielen Systemen bei denen die Arme und Beine wie Waffen mittels Schlag- , Block- und Trittechniken eingesetzt werden, ist eine starke Überbelastung der Gelenke und der Bänder zu bemerken. Durch schnellkräftige, dynamische Bewegungs-, Tempo- und Richtungswechsel in Verbindung mit Krafteinwirkung sind Abnutzungen der Gelenke und Knorpel nach geraumer Zeit fast unvermeidbar. Dieses Risiko muss den Lehrenden bewusst sein und erfordert einen langfristig ausgerichteten, gesundheitsorientierten Trainingsaufbau.

Samad Azadi

Ingo @verdunk
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